Von Efia Sulter (aus dem Englischen übersetzt)

Efia Sulter, Autorin von diesem Artikel über Mikroaggressionen in Travel
Efia Sulte ist Autorin und Gründerin der Marke Effy Talks Life. 

Mikroaggressionen und indirekte Vorurteile sind beim Reisen weit verbreitet. 

Mit der Black Lives Matter Bewegung und den Morden an Breonna Taylor, George Floyd, Ahmaud Arbery und zahlreichen weiteren unschuldigen schwarzen Menschen, deren Familien immer noch für Gerechtigkeit kämpfen, ist es längst an der Zeit für einen Wandel. Marken suchen hastig nach Wegen, ihre Solidarität zu zeigen – und die Reiseindustrie bleibt eine der vielen, die erst zur Rechenschaft gezogen werden müssen. 

Hier geht es nicht nur darum, dass Unternehmen zwar von Schwarzen KundInnen profitieren, jedoch diese nicht in ihren Werbemaßnahmen repräsentieren. Hier geht es auch um die Reisenden, die von den rassistischen Strukturen, die weiße Haut bevorzugen, unbewusst profitieren.

Schwarze Menschen reisen auch

Effy sitz unter ein bunte Gebäude
Urheberrecht: Efia Sulter / @EffyShowsLife

Bevor ich angefangen habe, alleine zu reisen, habe ich Monate mit Recherche verbracht. Als ich dann Großbritannien verlassen habe, war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht bereiter hätte sein können – zumindest war das mein Gefühl. Aber als ich dann unterwegs in der großen, weiten Welt war, fiel mir erst auf, dass ich mit meinen Vorbereitungen und Tipps von weißen ReisebloggerInnen und FreundInnen nicht weit kommen würde. Das war das erste Mal, dass mir richtig bewusst wurde, dass man nicht erwarten kann, dass eine weiße und eine Schwarze Frau auf Reisen gleich behandelt werden.

Während Weiße es gewöhnt sind, ihre Gesichter in Filmen, Reisemagazinen und auf Pressereisen zu sehen, ist diese Erfahrung für uns Schwarze einfach nicht gegeben. 

Was sind Mikroaggressionen? 

Während Spucken, angeekelte Blicke oder überhaupt die Verweigerung eines Dienstes die eine Herausforderung sind, sind Mikroaggressionen etwas heimtückischer und versteckter. Wenn Menschen an Rassismus denken, denken sie oft an Extremes und Unausprechbares, oder aber gleich weiße Kapuzenträger auf amerikanischem Grund. Aber es sind die scheinbar kleinen Vorfälle, die täglich vorkommen, die uns Schwarze Eines so richtig bewusst werden lassen. Dass, wo auch immer wir hingehen, es immer jemanden geben wird, der denkt, dass wir dort nicht hingehören. 

Wenn du dir unsicher bist, ob du im Gespräch mit Schwarzen Reisenden rassistische Mikroaggressionen verwendest, dann lies jetzt aufmerksam weiter, um zu verstehen, was mit den folgenden Äußerungen falsch ist. Auch wenn du sie selbst nicht verwendest, wird es dir behilflich sein, wenn andere es tun.

Warum? Weil jede leicht unangenehme Konversation, die du hast, bedeutet, wir werden ein ermüdendes Gespräch weniger führen müssen. 

Rassistische Mikroaggressionen, die du nicht mehr verwenden solltest:

Effy reist mit einem Koffer und erlebt Mikroaggressionen
Urheberrecht: Efia Sulter / @EffyShowsLife

#1: Wo kommst du WIRKLICH her?

Als Schwarze Reisende gibt es wirklich wenige Aussagen, die frustrierender sind als die Mikroaggression / Frage “Aber wo kommst du WIRKLICH her?”. Dieses “Unglauben” ist so tief in den Gesprächen verankert, dass ich meist nach der Antwort auf “Wo kommst du her?”, nur meine Luft anhalte und auf die Folgefrage warte. Die Frage, die nachprüft und nachfragt, um herauszufinden, warum ich, wenn ich doch aus Schottland komme, so … Schwarz aussehe? Es ist auch schon passiert, dass ich Lügnerin genannt wurde, was extrem schmerzhaft ist. 

Sag stattdessen: Woher reist du? Füge keine weiteren Fragen hinzu, die deutlich machen, dass die erste Antwort nicht war, was du erwartet hast. 

#2: Woher weißt du, dass es aufgrund deiner Hautfarbe ist?

Heutzutage ist es für mich fast überraschender NICHT am Flughafen aufgehalten und eine scheinbar willkürliche Kontrolle über mich ergehen lassen zu müssen. Wenn dir Schwarze Menschen erzählen, dass ihnen etwas aufgrund ihrer Hautfarbe passiert ist, dann hinterfrage es nicht. Diese Erfahrungen erfinden wir nicht, um Mitleid einzuholen. Diese gelebten und oft schmerzhaften Erfahrungen teilen wir, damit andere davon lernen und es besser machen können. Es ist verletzend, anzunehmen, wir wüssten nicht wie sich Rassismus anfühlt. 

Während weiße Reisende unwissend vom System, das Schwarze unterdrückt, profitieren, können wir nicht anders, als extra umsichtig und aufmerksam zu sein, wenn wir reisen. Wenn etwas schief geht, wissen wir nicht, was alles passieren könnte. 

Sag stattdessen: Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlen muss. Und: Es tut mir leid, dass du diese Erfahrung gemacht hast. Auch wenn du es nicht nachvollziehen kannst, nimmst du somit zumindest wahr und ernst, dass es passiert ist. Diese Anerkennung der Situation ist wichtig. 

#3: Hey, du bist Schwarz. Ich habe mich immer gefragt…

Schwarze Menschen sind kein Ersatz für Google. Ich bin schon an viele Orte gereist, wo ich plötzlich zur ortsansässigen Schwarzen Person wurde, der man alle Fragen stellen kann. Das ist mir extrem unangenehm. Es ist nicht unsere Aufgabe, weiße Menschen über Rassismus aufzuklären, über das N-Wort oder unsere Haare. Unsere Erfahrungen rufen oft schmerzhafte Erinnerungen hervor, ganz zu schweigen von Traumata. 

Sag stattdessen: Nichts! Google ist kostenlos. 

#4: Wo hast du Englisch gelernt?

Oder “Wie kann es sein, dass dein Englisch so gut ist?” Diese beiden Fragen fühlen sich herablassend an, da sie annehmen, dass Englisch nicht unsere Muttersprache ist, auch wenn es in den meisten Fällen so ist. Und auch wenn dem nicht so ist, bringt man Menschen dadurch in Verlegenheit oder stellt sie bloß. Es ruft erneut das Gefühl des “Anders-Seins”, des Distanzierens, hervor. Mit dieser Mikroaggression fühlt man sich, als würde man nicht dazu gehören. Es ist kein Kompliment, es zeigt der Person lediglich ihre Unterschiede auf und macht ihr diese bewusster.

Sag stattdessen: Schön, dich kennenzulernen. Ein netter, einfacher Einstieg in ein Gespräch, das Hautfarbe nicht zum Thema macht.

#5: Du bist so exotisch

Wir sind keine Tiere, die man im Zoo betrachtet oder mysteriöse Kreaturen, die man sammelt oder bestaunt. Schwarze Menschen als exotisch zu bezeichnen, entmenschlicht uns. Zusätzlich beinhaltet diese Mikroaggression, dass der “normale” Schönheitsstandard nicht-Schwarz ist. 

Sag stattdessen: Nichts! Es gibt keine richtige Art, das zu sagen. Wenn du eine Schwarze Person attraktiv findest, dann mach in deinem Kompliment die Hautfarbe nicht zum Thema. Du würdest auch nicht sagen “Ich liebe deine weiße Haut”. Also mach es auch nicht umgekehrt. 

Abschließende Gedanken zu Mikroaggressionen 

Effy steht im Schnee
Urheberrecht: Efia Sulter / @EffyShowsLife

Diese Liste ist nicht vollständig. Sie ist nur ein Auszug aus einem langen Register an Fragen, Äußerungen und Kommentaren. Es macht keinen Unterschied, ob du gute Intentionen dabei hast, denn wenn du auf der anderen Seite stehst, sind diese Äußerungen schlichtweg erschöpfend. 

Während uns Mikroaggressionen wie diese nicht vom Reisen abhalten, ist es trotzdem ein weiteres Thema, dem wir uns bewusst sein müssen. Oder der bittere Beigeschmack eines ansonsten grandiosen Trips. Vielleicht war dir das Lesen dieses Beitrags unangenehm – aber bedenke, dass uns dieses Unbehagen ein ganzes Leben begleitet. 

Ich teile diese Erfahrungen nicht, um irgendjemanden zu verurteilen. Ich möchte dich nur einladen, bewusst darüber nachzudenken, wo du unabsichtlich Vorurteile implizierst. Ich habe die Hoffnung, dass, wenn wir wieder unsere wunderschöne Welt bereisen können, wir es alle mit offenen Augen, offenem Geist und Verstand tun werden. 

Denke daran, dass wir alle verbunden sind. Wenn ein Mensch leidet, leiden wir alle. Wenn du ein*e Verbündete*r für Schwarze Reisende sein möchtest, dann führe deine anti-rassistischen Bemühungen fort – online und offline. Es ist vielleicht unangenehm und konfrontierend und kann dazu führen, dass du viele Dinge in einem anderen Licht sehen wirst.

Aber wenn wir uns weiterentwickeln und Fortschritte machen wollen, dann ist dies der einzige Weg – diese Dinge wahrzunehmen.

Über die Autorin

Efia Sulter ist eine Wellness- und Reisebloggerin sowie Autorin des E-Books Girl, Solo – A Modern Guide To Travelling Alone

Sie ist in Schottland aufgewachsen und lebt in Melbourne, Australien.

Sie engagiert sich für das Empowerment junger Frauen und das Leben jedes Moments mit ungebändigtem Mut. Ihre Marke Effy Talks Life (auf Instagram @effyshowslife) reflektiert diese Werte, indem sie weibliche Millennials inspirieren will, die Welt zu entdecken und das Leben nach den eigenen Regeln zu leben. 

Lese mehr von Efia auf ihrem Blog (englischsprachig).

Mehr aus der #BLM Gastbeitragsreihe

Diesen Juli haben inspirierende Schwarze Creators und Blogger den MyPostcard Blog übernommen, um über Rassismus, Mikroaggressionen und Diskriminierung beim Reisen und in der Reiseindustrie zu schreiben. 

Lies die ersten beiden Artikel dieser Reihe oder sei gespannt auf den Beitrag der nächsten Woche von Fisayo Olayinka-Bello, die über rassistische Stereotypen im afrikanischen Tourismus erzählen wird. 

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Author

Engländerin und Wannabe-Deutsche - denn wie könnte man sich nicht in ein Land verlieben, in dem Worte wie “Kummerspeck” hinter jeder Ecke lauern? Ich liebe es, zu reisen und die Kuriositäten verschiedener Länder zu entdecken - und der beste Weg sich an diese zu erinnern, ist natürlich per Postkarte!

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